Jubiläumsturnier "800 Jahre Lauenburg"
1.-3. Mai 2009
Aus einmaligem Anlass, nämlich auf Grund des 800-Jährigen Jubiläums der Stadt Lauenburg, fand am ersten
Mai-Wochenende bei wunderschönem Wetter das offene Turnier der Lauenburger Schachabteilung statt.
In gemütlicher Atmosphäre fand es in unserem langjährigen "Turnierspielort" im Hotel Bellevue statt.
Richtet doch die Lauenburger Schachabteilung schon seit 20 Jahren ein Schnellturnier im September aus,
welches mehrheitlich dort stattgefunden hat.
An so einem schönen Wochenende kann man im Hotelgarten zwischendurch schon mal den Blick über die
Elbe bis Niedersachsen genießen: Ca. 30-40 km Sicht boten bei strahlendem Sonnenschein eine schöne Kulisse.
Drinnen hatten sich 46 Schachspieler aus immerhin 7 Bundesländern niedergelassen. Für das erste Turnier mit langer
Bedenkzeit über 3 Tage in Lauenburg auf alle Fälle ein Erfolg. So wird auch über eine Fortsetzung dieses Engagements nachdacht...
Mit PC, Drucker, Beamer, Namensschildern und natürlich einem Analyseraum war für einen vernünftigen Rahmen
alles bereit.
Streitigkeiten gab es keine, so dass "in weiser Voraussicht" auf die Bestimmung eines Schiedsgerichtes verzichtet wurde,
und nur der Turnierleiter diese manchmal unangenehme Aufgabe wahrnehmen musste. Einzuschreiten war jedoch
nicht notwendig. Die wenigen unklaren Situationen konnten einvernehmlich unter den Spieler gelöst werden, wie man
eigentlich auch erwarten kann.
Die Spielstärkeverteilung war etwas uneinheitlich: Mit immerhin 14 Spieler über 2000 ELO oder DWZ und einem Titelträger
(IM Alexander Bodnar), war dieses kleine regionale Turnier recht gut besetzt, allerdings fehlte ein wenig das Mittelfeld:
Nur 10 Spieler fanden sich in der Region zwischen 1800 und 1500, während die Jugend mit 11 Spielern gut vertreten war.
Auch 4 Spielerinnen hatten den Weg nach Lauenburg gefunden.
Doch nun zum Turnierverlauf:
1. Mai 10.16 Uhr:
Mit leichter Verspätung starten wir nach kurzer Begrüßung in die erste Runde. Schnell wird klar, dass es keine großen Überraschungen für die Spitze geben wird: IM Bodnar, Dr. Michael Kupfer, Hartmut Porth sowie Hans-Jürgen Kliewe,
Giso Jahncke und Manfred Lenhardt (Alle samt mit ELO > 2100) gewinnen ihre Partien souverän.
Die Überraschungen gibt es weiter hinten:
An Brett 7 spielt Hannes Meyner (ELO 2122) gegen Henrike Knof (DWZ 1486) Remis und für die größten Überraschungen sorgten 2 Lauenburger: Rene Reschke (LSV, DWZ 1412) besiegt (!!) Torben Köhnke (ELO 2021) und Claus Lindges
(DWZ 1355) gelingt das gleiche Kunststück gegen Viktor Kurbangulov (ELO 2012).
Bei den Jugendlichen fällt mir natürlich sofort unser Jüngster auf:
Tigran Poghosyan (Jg. 2001). Schon vor dem Turnier erkundigt er sich bei mir über die Teilnehmer und wirkte auch
während des ganzen Turniers offen und interessiert und belebte so das ganze Wochenende. Bald hatten ihn alle Teilnehmer ins Herz geschlossen.
Aber auch sein Schachspiel verwunderte durchaus: Selten sieht man Jugendliche im U10-Bereich, die nicht mal eine Figur stehen lassen oder andere gröbere Fehler begehen! Zwar spielt er wie viele in seinem Alter noch etwas schnell, aber nie ziel- oder gedankenlos! So sollte sich auch in weiterer Folge zeigen, dass auch er seinen verdienten Lohn erhalten sollte.
2. Runde:
In der 2. Runde gab es an Brett 2 dann die erste Überraschung für 2 der ersten 10 der Rangliste:
Dr Michael Kupfer (ELO 2215, DWZ 2008) wird von Klaus-Dieter Kühl (DWZ 1987) besiegt und Hartmut Port (2182/2102)
muss gegen Mirko Neitzel (DWZ 1810) ins Remis einwilligen.
Weitere große Überraschungen bleiben in der 2. Runde aus. Auch die beiden lauenburger Überraschungssieger aus der
ersten Runde verlieren gegen die jeweiligen Favoriten deutlich.
Im hinteren Bereich der Tabelle tritt jugendliche "Frauen-Power" zu Tage:
Juliane Kolbach (1161, Jg.1994) besiegt Josef Mamedow (1571) und
Julia Hiniborch (1077, Jg. 1994) besiegt Wolfgang Kunkel (1511).
3.Runde:
An der Spitze spielen alle Verfolger von Favorit IM Alexander Bodnar Remis, so dass dieser schon mit 1/2 Punkt Vorsprung davonzieht.
Gleich 8 Spieler mit 2,5 Punkten gibt es nach dieser Runde. Somit war schon hier klar, dass sich die Spannung vom Kampf
um den Sieg eher auf die "Platzjagd" verlagern würde. Einzig Dr. Michael Kupfer schied von den vorderen "Gesetzten" um
diesen Kampf aus, da er nach seiner Niederlage in der 2. Runde auch noch ein Remis in der 3. zulassen musste.
Im Lauenburg-Internen Duell hatte Mathias Groth erwartungsgemäß gegen Rolf Spaeth die Nase vorn.
Bei den Jugendlichen gab es nicht nur Überraschungen, sondern auch die Art wie der 11-Jährige Iwan Krüger aus Lüneburg
spielte muß erwähnt werden: Nach einem "Einsteller" seines Gegners Heiko Schröder (1718) verteidigte er diesen Material-
vorteil hartnäckig. Besonders fazinierend war dabei die Ruhe, die er ausstrahlte:
Voll konzentriert und mit Ausnutzung der vollen Bedenkzeit ging er über die maximale Distanz von 5 Stunden und machte dabei
nur im Endspiel bei schwindender Bedenkzeit einen Fehler, der leider dann zum Remis führte.
Und unser junger Tigran macht in dieser Runde auch das erste Mal von sich Reden:
Nach einem unverständlichen Fehler seines Gegners, der Dame gegen Springer und Turm tauschte, stand Tigran die ganze
Partie über klar auf Gewinn und sein ca. 10-12 Jahre älterer Gegner konnte sich nur mühsam in ein schlechteres Endspiel retten.
Das resulierende Turmendspiel war zwar theoretisch für Tigran dank aktivem König immer noch gewonnen, doch so etwas
muss/kann man von einem 7jährigen sicher noch nicht erwarten. Immerhin war es sein Gegner, der dann kleinlaut Remis anbot!
4.Runde:
Alexander Bodnar hatte es mit Hans-Jürgen Kliewe aus Wismar zu tun und obwohl auch dieser im Mittelspiel einen Bauern einbüßte, schien mir die Realisierung dieses Vorteils nicht einfach und es keimte die Hoffnung auf ein Remis, was den Kampf um den Turniersieg doch noch spannend gemacht hätte, allerdings war im Endspiel dann der Vorteil klar und das Ergebnis damit ebenso.
Ivens Birger hatte sich als 10. der Rangliste langsam an die Spitze gespielt und in dieser Runde nun auch Hartmut Porth einen halben Punkt abgeknöpft, wobei dieses aufgrund enormer Zeitnot beinah auch ein Ganzer geworden wäre.
Eine sehr interessante Partie, die über die gesamte Bedenkzeit ging, spielten Giso Jahncke und Hannes Meyner:
Nachdem Giso zunächst einen Mehrbauern in der Anfangsphase des Mittelspiels gewinnen konnte, war schnell klar, dass der
Vorteil aufgrund des gegnerischen Läuferpaares nicht so groß war. Im Übergang ins Endspiel konnte Hannes dann den Bauern
zurückgewinnen und auch den gegnerischen Freibauern abtauschen. Ich denke, bei ausreichend Zeitpolster wäre evtl. ein Remis
möglich gewesen, doch der deutlich aktivere gegnerische König entscheidet am Ende den Tag.
Da alle anderen Verfolger nur Remis spielten, war Giso damit der einzige Verfolger von IM Bodnar, auch wenn ein Sieg gegen diesen zudem mit Schwarz wohl unwahrscheinlich erschien.
Die nächste Entäuschung hatte wieder einmal Dr. Michael Kupfer zu verkraften:
Nachdem er gegen seinen über 300 Wertungspunkte niedriger eingestuften Gegner eine ganze Figur eingestellt hatte, verteidigte dieser mit "Mann und Maus" bis ins Endspiel und hoffte wohl auf ein Wunder.
Und ES kam: In völlig hoffnungsloser Stellung mit einem Läufer weniger und baldigem Verlust aller Bauern, zog sein Gegner nach fast 4,5 Stunden den einzigen Zug, den man nicht machen durfte und erlaubte seinem Gegner nach einem vorzeitigem Bauernraub die Flucht in einen halben Punkt: Nach einem Turmopfer war Weiß PATT!!
Von den Lauenburgern war es einzig Claus Lindges, des mit einem Sieg gegen Mathias Jäkel seine Bilanz deutlich ins positive verlagerte.
Der Größte aber war an diesem Tag natürlich der junge Tigran: Gegen Henning Geibel aus Bargteheide erspielte er einen deutlichen Sieg. Für mich als Zuschauer war es unverständlich und auch unfair, dass sein Gegner sogar mit 2 Türmen weniger noch weiterspielte und auf Fehler hoffte!
Aber zum Glück spielte Tigran die Partie ungefärdet bis zum Sieg zu Ende. Also 1,5 Punkte an einem Tag! Bravo!
5. Runde:
Da der Kampf um den Sieg im Prinzip entschieden war, überraschte das schnelle Remis an Brett 1 nicht wirklich. Die ersten beiden
Plätze waren damit vergeben: IM Alexander Bodnar und Giso Jahncke.
Die weiteren Plätze waren jedoch noch hart umkämpft und so endeten die 3 weiteren Bretter auch mit einem ganzen Punkt und 2 davon gingen auch deutlich länger als 4 Stunden. Am Ende folgten nach hartem Kampf: Hartmut Porth, Ivens Birger, Colin Costello, Mathias Thanisch Hannes Meyner und Hans-Jürgen Kliewe auf den Preisrängen.
Die ebenfalls höher eingestuften Helge Magnussen und Manfred Lenhardt fielen durch Verlust in der letzten Runde noch aus den Preisrängen raus.
Bester Jugendlicher wurde Mirko Neitzel, der mit 3,5 Punkten ein sehr gutes Ergebnis einfuhr, was ihm nach vorläufiger Auswertung ein plus von 48 Punkten einbringt!
Die Lauenburger Punkteten durch Claus Lindges und Mathias Groth nochmal, wobei besonders Claus mit seinen derzeit 1355 DWZ einen Gegner mit 1764 DWZ niederrang. Vorläufig +84 sind der Lohn!
Beste Frau war am Ende Henrike Knof. Mit 2,5 Punkten und insbesondere dem Remis gegen Hannes Meyner aus der 1.Runde sicher ein gutes Ergebnis.
Das Fazit:
Trotz fehlender Konkurrenz für den Favoriten und einem nicht wirklich homogenen Feld sicher eine gelungene Veranstaltung. Und wenn ich die Kommentare an Ende so richtig gedeutet hat, haben sich alle bei uns wohl gefühlt. Eigentlich Motivation genug, um nächsten Jahr ein vielleicht noch größeres Event zu planen. Doch dafür muß sicher die Unterstützung durch Vereinsmitglieder deutlich intensiviert werden, denn Zwei 16-Stunden-Tage plus den Sonntag und Nacharbeit für Homepage und Auswertung sowie Presse, haben mich doch ziemlich geschafft. Ich glaube so mancher unterschätzt was das für Arbeit macht, wenn man es vernünftig machen möchte...
So haben wir den Wunsch nach mehr, doch müssen wir am Ende zunächst ein Fragezeichen dahinter stellen.
???
Ergebnisse: 1.Runde 2.Runde 3.Runde 4.Runde 5.Runde